Aktuell wird gerade mal wieder darüber spekuliert, dass Griechenland seine Schuldenlast mithilfe von Öl- und Gasreserven, die vor dessen Küsten im Meer schlummern, begleichen könnte, zum Beispiel hier. Doch dagegen spricht vieles, zumindest kurz- und mittelfristig. Deswegen aus aktuellem Anlass ein Beitrag von mir aus dem Jahre 2012 zu diesem Thema.

 

Griechenland ist zum Synonym für die Euro-Krise geworden. Dabei hat das Land am südlichen Ende des Balkans durchaus mehr zu bieten als Steuerhinterzieher oder Streikfreunde. So zum Beispiel einen äußerst interessanten Mineralölmarkt, der geprägt ist von leistungsfähigen Raffinerien, großen, wenn auch unerschlossenen Ölvorräten vor Kreta und zahlreichen mittelständischen Brenn- und Treibstoffhandelsketten.

Griechenland ist ein Top-Öl-Land. Denn innerhalb der EU hat es den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch (5,36 Liter je Tag; zum Vergleich Deutschland: 4,92 Liter, EU: 4,37 Liter). Mit 55 Prozent Öl-Anteil an der Primärenergieversorgung liegt es ebenfalls an der Spitze (EU: rund 40 Prozent)*. Heizöl ist – neben einheimischer Braunkohle, die beliebteste Wärmeenergieform. Der Ölverbrauch war einer der Gründe, warum das Land allein aufgrund des Import-Drucks und der steigenden internationalen Preise in die finanzielle Schieflage geriet.

Zwar ist Griechenland auch ein Öl-Produzent, doch das in nur verschwindendem Maße. Gerade mal 10.000 der täglich benötigten 400.000 Barrel werden aus einem kleinen Ölfeld vor der Ferieninsel Thassos im Nordwesten Griechenlands gefördert.

Das muss nach Ansicht vieler Griechen nicht so bleiben. Vor Kreta vermuten Experten deutlich größere Ölfelder. Man geht von sechs Milliarden Barrel förderfähigen Reserven aus, bei insgesamt 26 Milliarden Barrel. Gefördert wurde dort bislang nichts, was für die Griechen allerhand Anlass zur Verschwörungstheorie gibt. Wohl näher an der Wahrheit ist, dass sich die Förderung auf dem vor Kreta extrem tiefen und zerklüfteten Mittelmeer erst ab einem gewissen Preisniveau lohnt. Das scheint derzeit erreicht.

Für drei Regionen, den Golf von Patras an der Westküste des Peloponnes (geschätzte Reserven: 200 Millionen Barrel), nahe dem nordgriechischen Stadt Ioannina (50 bis 80 Millionen Barrel) und bei der westgriechischen Stadt Katakolo (3 bis 4 Millionen Barrel) schrieb die griechische Regierung zum Jahresbeginn die Exploration aus. Dabei kommen multinationale Konzerne zum Zuge. Griechenland selbst hat kein so großes Mineralölunternehmen, das eine solche Erschließung leiten könnte.

Hellenic Petroleum – heimischer Multi

Das größte einheimische Hersteller und Vertreiber ist Hellenic Petroleum. Auf Druck der EU soll die Staatsfirma privatisiert werden. Eine erste Veräußerung von 35 Prozent soll rund 1,8 Milliarden Euro bringen. Hellenic betreibt drei der vier griechischen Raffinerien, dazu eine in Mazedonien (FYROM), wohin auch ein großer Teil der in Griechenland hergestellten Öl-Produkte geliefert wird. Das Öl dafür kommt vorrangig aus Saudi-Arabien, Russland, dem Irak, Libyen und dem Iran.

Analog deutscher Firmen, die Raffinerien betreiben, besitzt Hellenic Oil zahlreiche Tankstellen, und zwar als Marktführer unter der Marke EKO 1.200 in Griechenland selbst und 300 im benachbarten Ausland sowie Georgien.

Tankstellenservice an der Bordsteinkante

Eine genaue Anzahl, wie viele Tankstellen in Griechenland existieren, gibt es nicht. Es mögen rund 8.000 sein (zum Vergleich: Deutschland hat 14.300 bei rund achtfacher Bevölkerung und deutlich höherem Motorisierungsgrad). Von den ausländischen Gesellschaften sind BP und Shell führend. Daneben existieren viele recht große und meist an Transportunternehmen angegliederte mittelständische Anbieter, unter anderem die etwa gleichgroßen Aegean (551 Tankstellen), revoil (523 eigene und über 200 Tankstellen von Pächtern) oder AVIN (550 Tankstellen).

War das Land der Hellenen bei Touristen auch wegen seiner günstigen Spritpreise beliebt, ist dies seit 2011 vorbei. Die diversen Sondersteuern, die von der Regierung Papandreou zur Bekämpfung der Krise eingeführt wurden, schlugen voll auf die Treibstoffe durch. Super-Benzin kostet derzeit 1,70 Euro, Diesel etwa 1,60 Euro. Neben diesen beiden Sorten ist an den Tankstellen nur noch Super plus und Flüssiggas erhältlich. E10 ist unbekannt, ebenso Erdgas.

Dieses übersichtliche Angebot macht die landestypischen Mini-Tankstellen erst möglich. Die stehen meist direkt am Straßenrand und verfügen meist nur über zwei Zapfsäulen, an denen Normal und Super getankt werden kann. Diesel gibt es hier kaum. Ein Uralt-Gesetz verbietet noch heute, dass Diesel-Pkw in die innerstädtischen Ballungsräume von Athen und Thessaloniki fahren dürfen. Doch dort wohnt jeder zweite Grieche. Deswegen ist Griechenland das einzige Land, das sich dem Trend zur „Dieselisierung“ des Personenverkehrs widersetzt. Lkw’s tanken dann immer an „normalen“ großen Tankstellen.

Betankt wird in Griechenland grundsätzlich durch den Tankwart. Der reinigt dabei meist gleich die Scheibe, ohne dafür ein Trinkgeld zu verlangen. Gibt man es, wird es einem reichlich gedankt. Bei den derzeitigen Einkommensverhältnissen (deutlich unter deutschem Schnitt) und den sonstigen Lebenshaltungskosten (Mieten wie in Deutschland, Lebensmittel im Schnitt um 10 bis 20 Prozent höher) auch kein Wunder.

Teures Heizöl – Frostiger Winter?

Was in Deutschland das Grauen wäre (ein Heizölpreis von mehr als 1 Euro je Liter), ist in Griechenland seit 2011 schon Alltag. Die bereits erwähnte Sondersteuer erhöhte sich von 21 Euro auf 60 Euro je 1.000 Liter. Das katapultierte den Literpreis auf 1 Euro. Zum Jahresbeginn 2012 verteuerte der sich durch höhere Steuern nochmals auf 1,40 Euro. Für viele Griechen ist das schlicht unbezahlbar. Die nötige Wärme (wer schon mal im Herbst und im Winter dort war, weiß, dass da auch Schnee fallen kann) wird dann mittels Strom erzeugt oder durch Brennholz. Da das kaum gehandelt wird, gingen die Griechen nach Pressemeldungen vom November 2011 dazu über, ihre Wälder abzuholzen. Experten sehen deswegen rund ein Drittel der dortigen Wälder gefährdet.

Ein Alptraum für deutsche Heizölhändler: In Griechenland herrscht de facto von April bis Oktober ein Verkaufsverbot für Heizöl – warum auch immer.

Rosige Aussichten – oder Zusammenbruch?

Ob die krisenartigen oder zumindest extrem teuren Zustände in der Energieversorgung, anhalten, hängt zum Großteil von den Griechen selbst ab. Viele von ihnen scheinen ob der schier aussichtslosen Lage nicht zu verzweifeln. Man kommt schon irgendwie durch. Hoffnungen setzen sie in die schon erwähnten Erdölreserven, die auch für die Schuldentilgung genutzt würden. Die drei erwähnten Vorkommen könnten gut 20 bis 25 Jahre lang dem griechischen Staat Einnahmen von elf bis 15 Milliarden Euro bescheren – immerhin bis zu neun Prozent der derzeitigen Staatsschulden, wie das Handelsblatt in einem Beitrag rechnete. Doch bis dieser Schatz gehoben wird, werden noch einige Jahre vergehen.

Griechenland scheint auch anderweitig reich an Bodenschätzen. Die vorhandene heimische Braunkohle reicht locker zur Stromerzeugung. Erdgas spielt hingegen kaum eine Rolle, da die Griechen pro Kopf etwa nur etwa ein Drittel der Deutschen verbrauchen. Hingegen könnte das Land als Erdgastransporteur eine größere Bedeutung erlangen, da der südliche Strang von South Stream durch Nordgriechenland führen soll. Bei den erwähnten Erdölvorkommen soll sich auch reichlich Gas befinden. An sich nicht die schlechtesten Aussichten, um wenigstens im Energiesektor die Krise zu meistern.

* Alle Angaben: Internationale Energie Agentur, CIA Factbook

Titelbild: Jean Housen / Wikimedia / Lizenz unter CC BY-SA 3.0

Geschrieben für Brennstoffspiegel, erschienen in der Ausgabe 2/2012. Der komplette Beitrag ist nur dort zu lesen. Zum kostenfreien Probeabo geht es hier.

Griechenlands Ölmarkt: Mehr Hoffnung als Reichtum

Frank Urbansky

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