Kurzvorstellung Andreas Miller, Gründer und Geschäftsführer des Ingenieurbüro Miller

Dipl. Ing. (FH) Architekt Andreas Miller ist ein Berater und Planer für Energieeffizienz, solare Architektur, Energiemesstechnik und erneuerbare Energien. 2004 gründete er das Ingenieurbüro Miller. Im Jahr 2012 wurde sein Modellprojekt “Effizienzhaus Plus” in Münnerstadt gefertigt, in dem er auch selber wohnt. Das Haus nutzt Photovoltaikanlagen, um Strom und Wärme zu erzeugen, sowie als Ladestation für ein Elektrofahrzeug zu dienen. Insgesamt erzeugt das Haus mehr Energie, als es verbraucht.

MüPEG - Andreas Mille

Pluseffizienzhaus - energieeffizient und wirtschaftlich


eccuro:  Nach dem Lesen über Ihr Modellprojekt “Pluseffizienzhaus in Münnenstadt” und  “Wege zum Effizienzhaus Plus”, sowie weiteren Projekte Ihres Ingenieurbüros, haben sich mir ein paar Fragen gestellt.

Können Sie uns kurz erläutern, wie Sie vom EnEV Haus Stand 2016 zum Energieeffizienzhaus Plus (Teil-Energieautarkes Haus) gekommen sind und wie diese sich unterscheiden?

Andreas Miller: Die EnEV 2009 war zur Entstehungszeit die gesetzliche Norm.  Da wir jedoch als Energieberater uns möglichst energieeffizient und wirtschaftlich mit unserem neuen Gebäude positionieren wollten, wurde es ein Passivhaus 
mit aktiver Energieerzeugung und Nutzung am Gebäude.  Unser Ziel war es mit möglichst geringem Budget und genauen Planungen eine hohe Unabhängigkeit im Energiebezug zu erreichen.

Eccuro:  Es wird erwartet, dass eine hohe Energieeffizienz beim Bau, mit hohen Kosten verbunden ist. Welchen spezifischen Kosten (KG 300/400) hat Ihr Haus? Können Sie ungefähr die Mehrkosten beziffern, gegenüber einem konventionellen Haus nach EnEV 2016?

Andreas Miller: Die Kosten o.g. Kostengruppe sind mit 1450,-€/m² ermittelt worden. Voraussetzung für das Einhalten dieses reduzierten Kostenansatzes sind eine strukturierte und kostenoptimierte Planung mit Ausführungen und zudem die disziplinierte Einhaltung des Kostenrahmens bei der Auswahl der Oberflächen.  Mehrkosten hat hier vor allem die PV-Anlage verursacht. Diese wird sich jedoch aufgrund der Einspeisevergütung und Selbstnutzung innerhalb von 12 Jahre erwirtschaftet haben. Die Mehrkosten der Gebäudehülle in Passivhausbauweise 
gegenüber EnEV wurden zum Großteil durch die Reduktion der Kosten für die Heizanlage kompensiert.   Die Heizanlage mit WW-Bereitung und Heizflächen liegen in diesem Gebäude bei ca. 12.000,-€ inkl. Montage.

MüPEG - Andreas Mileccuro: Energieeffizzienzplushäuser sind nach Definition: “Häuser, die in der Jahresbilanz mehr Energie erzeugen, als sie selbst verbrauchen”. Welchen Energieüberschuss haben Sie? Welchen Grad an Autarkie hat Ihr Haus? Gibt es Ansätze, diese Autarkie unter ökologischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten weiter zu verbessern?

Andreas Miller: Wir haben einen Überschuss von ca. 11.000 KWh bei einer hypothetischen Vollversorgung der Energieerzeugung (bereits inkl. E-Mobilität).  Somit könnten wir unser Gebäude gut zweimal energetisch selbst versorgen.  Die Autarkie liegt bei ca. 65 % der selbst genutzten und erzeugten Energie im Bezug zum Gesamtverbrauch.   Durch Regelungen und Steuerungen zur Ladung des Elektroautos als auch der Wärmepumpe ist aktuell noch ein wirtschaftlicher Ansatz zu erwarten.  Weitere Optimierungen stellt die Erhöhung der Jahresarbeitszahl (JAZ) der Wärmepumpe als auch die Ergänzung eines thermischen bzw. elektrischen Speichers dar.   Aufgrund ökonomischer Ansätze werden wir vordergründig in eine optimierte PV-Regelung investieren.

 

Effizient Bauen nach Andreas Miller


eccuro:  Solarenergie gibt es in thermischer, elektrischer und gespeicherter Form. Wie können diese drei Formen am besten integriert werden?

Andreas Miller: Es gibt verschiedenste Ansätze die Sonnenenergie sinnvoll in ein Gebäudekonzept eines Plusenergiegebäudes zu integrieren. Die Nutzung der Solarenergie in elektrischer Form scheint uns aktuell der wirtschaftlichste Ansatz zu sein.  Diese Energieform kann vielfältig genutzt werden und ggf. auch in die thermische Form umgewandelt werden.  Dennoch sind in sich schlüssige Konzepte mit thermischer Langzeitspeicherung auch solarthermisch sinnvoll, meist jedoch noch zu kostenintensiv.   Die Speicherung von elektrischer Energie ist aktuell noch teuer und lässt sich wirtschaftlich nur bedingt darstellen.

eccuro:  In Ihrem Projekt in Münnerstadt haben Sie Zellulosedämmung und Holzwolleplatten benutzt. Was sind die Vorteile dieser Dämmungsarten gegenüber anderen?

Andreas Miller: Diese nachwachsenden Dämmungen sind Naturprodukte bzw. Recycling-Produkte und deshalb nachhaltiger als konventionelle Dämmstoffe aus Erdöl und energieintensiven Kunstfasern.  Zudem haben diese Dämmstoffe gute bauphysikalische Eigenschaften wie Masse und Diffusionsfähigkeit und können somit den sommerlichen Wärmeschutz positiv beeinflussen.

eccuro:  In Ihrem Projekt sind die Dachflächen vollständig zur Südseite ausgerichtet. Zur Erhöhung der Eigenstromnutzung wäre auch die Ost-und Westseite interessant. Wie stehen Sie zu Ost /Westgerichteten Dachflächen?

Andreas Miller: Ost und Westseiten sind zur Glättung der Stromerzeugung und Nutzung im Tagesverlauf eines Gebäudes als sinnvolle Flächen generell in Betracht zu ziehen.  Zur Erhöhung der Eigenstromnutzung werden diese Ansätze in der weiteren Energiearchitektur immer mehr an Bedeutung gewinnen.

eccuro:  Entsprechend der Vorgaben des EnEG wird bis Ende 2016 der Niedrigstenergiegebäudestandard als Mindestanforderung für Neubauten, zur Umsetzung der Bestimmungen der EU-Gebäuderichtlinien, eingeführt. Das bedeutet, dass Ihr Gebäudestandard ab dem Jahr 2019 für Neubauten der öffentlichen Hand und alle Neubauten ab im Jahr 2021 diesem Standard entsprechen müssen. Sind Ihre Kollegen auf diese ganzheitliche Bauweise schon eingestellt? Was können wir tun, dass wir diese Ziele erreichen?

Andreas Miller:  Ich sehe verstärkt bei der planenden Zunft eine gewisse Abwehrhaltung, da die Architekten sich mit dem energetischen Bauen leider zu wenig auseinandersetzen und das Effiziente Bauen weniger als Chance sondern als Hürde sehen. Wir müssen in die Planungsprozesse die zukünftigen Betreiber mehr in die Erstellung der Immobilie mit einbeziehen.  Denn nur mit einer Vollkostenbetrachtung werden auch zusätzliche Kreativität und Denkprozesse in Richtung Effizienz und Wirtschaftlichkeit angeschoben.

Fazit und Zusammenfassung

Pluseffizienzhäuser sind nicht mehr ein Entwurf oder Luxuskonzept. Sie sind die neuen Gebäudestandards und bieten eine sichere und verantwortliche Option für Bauherren. Mithilfe einer genauen Planung bieten Pluseffizienzhäuser einen hohen Grad an Unabhängigkeit im Energiebezug und erzeugen möglicherweise zweimal die Energie, die sie verbrauchen. Mit der Entwicklung von Elektromobilität und der sinkenden Preise für Stromspeicher steigt die Attraktivität dieser Bauart. Andreas Miller rät allen Fachleuten, effizientes Bauen als Chance zu sehen und Ihre Kreativität dazu zu nutzen, um Nachhaltigkeit mit Wirtschaftlichkeit besser miteinander zusammenzubringen.

Wir bedanken uns recht herzlich bei Andreas Miller für die wertvollen Informationen rund um das Thema Effizienzhaus Plus und Energiewende!

 

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