Kurzvorstellung Angelika Majchrzak-Rummel

eccuro: Hallo Frau Majchrzak-Rummel, bitte stellen Sie sich doch kurz vor!

Angelika Majchrzak-Rummel: Ich beschäftige mich als Anwältin seit mehr als 20 Jahren mit Immobilien- und Vertragsrecht. 2009 war ich zentral an der Gründung einer Bürgerenergiegenossenschaft  für BHKW (Blockheizkraftwerke) beteiligt. Seither arbeite ich an der juristischen Gestaltung und  praktischen Umsetzung von neuen Geschäftsmodellen in der  Energieversorgung.

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Neue Heizung für 0€?

eccuro: Immer häufiger findet man in der Werbung der großen Energieversorger Angebote, in denen es eine neue Heizung zum Nulltarif gibt. Können Sie uns erklären was sich dahinter verbirgt?

Angelika Majchrzak-Rummel:  Für eine kuschelig-warme Wohnung oder eine heiße Dusche muss man nicht Eigentümer einer eigenen Heizung sein. Dort, wo kein Anschluss an Fernwärme möglich ist, kann die Wärmeversorgung mittels BHKW aus dem lokalen Heizungskeller sinnvoll sein. Insoweit verschenkt niemand eine Heizung, der Kunde spart sich aber die  Investition in eine eigene Heizung und bezahlt stattdessen die Lieferung von Wärme.

Der Energieversorger hat damit einen langjährigen Kunden, für dessen BHKW-Betrieb er Gas liefert und sonstige Dienstleistungen übernimmt.  Langfristige Kundenbindung ist ein Motiv für den Energieversorger.

Darüber hinaus  „rechnet“ sich der Einsatz eines BHKW, da dieses neben Wärme auch Strom produziert und Fördermittel für diesen Technologieeinsatz  gewährt werden. Die dezentrale Energieversorgung mittels BHKW-Anlage ist effizient und regelbar und damit ein wichtiger Baustein für einen zukunftsfähigen Wärme- und Strommarkt.  

Die Investitionskosten sind jedoch höher als bei einer normalen Heizung mit Brennwerttechnik. Außerdem ist die technische und organisatorische Umsetzung bei größeren Projekten durchaus anspruchsvoll. Dies öffnet den Markt für Contracting.  

Verschiedene Energiedienstleister bieten Contracting als „Rund-um-Sorglos-Paket“ für den Kunden an:

  • Planung, Finanzierung und Errichtung der BHKW-Anlage
  • effizienter Betrieb der BHKW-Anlage incl. Gaseinkauf, Steuerung, Wartung / Reparatur, ...
  • Abrechnung der Wärme- und Stromlieferungen
  • Demontage der BHKW-Anlage bei Vertragsende

Contracting ist also wesentlich umfassender als ein Leasingvertrag, durch den ausschließlich die Finanzierung übernommen wird.

Der Kunde hat Anspruch auf  Wärme- und Stromlieferung zu langfristig geregelten Preiskonditionen.
In diese Preise  sind natürlich auch Organisationsaufwand, Haftungsrisiko und Gewinnaufschlag des Contractors einkalkuliert. Aufgrund der hohen Investitionskosten des Contractor müssen die Vertragsbeziehungen langfristig sein. 

Vorteile und Einsatzgebiete von Contracting-Modellen

eccuro: Worin liegen die Vorteile moderner Contracting-Angebote? Gibt es dabei Bereiche oder Gebäudetypen, die sich besonders eignen?

Angelika Majchrzak-Rummel: a) Kleine Objekte mit geringem / normalen Wärmebedarf  können durch sog. Mikro-/Mini- BHKW versorgt werden. Ein zertifizierter Heizungsbauer kann den Bauherrn gut und ausreichend unterstützen. Insoweit ist Contracting wenig sinnvoll.

b) Größere Bestandsgebäude (Mietwohnanlagen, Wohnungseigentumsanlagen) mit einer instandsetzungsbedürftigen Heizungsanlage sind hingegen sehr interessant für Contracting.
Es gibt seit 2013 keine mietrechtlichen Bedenken mehr: der Mieter hat die gewerbliche Wärmelieferung durch einen Dritten als Energieeffizienzmaßnahme zu dulden, die  Contracting-Kosten sind gegenüber den Mietern voll umlagefähig § 556 c BGB, wenn die Kostenneutralität gemäß Wärmelieferverordnung  (WärmeLV) bei der erstmaligen Umstellung für den Mieter gewahrt ist. 

Der Gebäude- / Wohnungseigentümer kann die Instandhaltungsrücklagen für andere Dinge nutzen.

Gleichzeitig werden  Gebäudeeigentümer bzw. Hausverwaltung von vielen Dienstleistungen entlastet.

Der produzierte Strom kann eingespeist werden oder im Objekt verbraucht werden. Jede Möglichkeit hat  unterschiedliche steuerliche bzw. energierechtliche Konsequenzen für den Stromproduzenten bzw. Stromlieferanten. Das ist sehr komplex und es ist gut, wenn sich ein Energiedienstleister um dieses Thema kümmert.

c) Bei größeren Neubauprojekten erkennen immer mehr Bauträger den Vorteil von BHKW zur Erfüllung des EEWärmeG. Die energetische Bewertung (z.B. KfW 70 - Haus) bringt Finanzierungsvorteile.

Wenn sich der Bauträger jedoch keinerlei Gedanken über den künftigen Betrieb macht, dann wird es   problematisch für die künftige Gebäudeeigentümergemeinschaft, die schnell überfordert sind.
Contracting sollte möglichst frühzeitig vom Bauträger als Option berücksichtigt werden. Der Contracting - Vertrag ist dann wesentlicher Bestandteil des notariellen Immobilienkaufvertrages.

Dem Käufer muss jedoch bewusst sein, dass er keine Heizung als (Gemeinschafts-)Eigentum hat und  dass somit im Kaufpreis diese Investition nicht einkalkuliert sein sollte.

d) Gewerbeobjekte mit  Wärme- und/oder Kältebedarf plus Strombedarf  (Hotel, Metzgerei, Einzelhandel, Klinik, Seniorenwohnanlage etc.) sind an bedarfsgesteuerte Energiemanagementsysteme interessiert. In Zeiten ständig steigender Energiekosten steckt hier enormes Ersparnispotential und damit ein Wettbewerbsvorteil.
Contracting als Rund-um-Dienstleistung ist absolut sinnvoll. 

Expertentipp zum Thema Contracting

eccuro: Contracting reduziert die Investitionen und den Aufwand für den Contracting-Nehmer, ist aber auch mit langen Laufzeiten verbunden. Was können Sie unseren Lesern aus Ihrer Erfahrung raten, wie sie mit dem Thema Contracting umgehen sollten?

Angelika Majchrzak-Rummel: Contracting hat das Potential für eine Win-Win-Situation beider Parteien, wenn zwei Voraussetzungen gegeben sind:

1.  fachliche Kompetenz eines Contractors
Die langfristige Vertragsbeziehung baut auf Vertrauen. Der Contractor sollte Referenzobjekte und  eigene Erfahrungen bzw. gute Kooperationspartner haben.

2. transparenter und ausgewogener Vertrag zwischen den Parteien
Der Wärmeliefervertrag (evt. mit Stromlieferung) muss notgedrungen umfangreich sein. Viele denkbare Situationen, die im Laufe der zehnjährigen Vertragsbeziehung auftreten können, müssen vorsorglich geregelt werden.  

Vor Vertragsabschluss sollten sich Gebäudeeigentümer bzw. Firmeninhaber fachkundig beraten lassen. Es gibt typische Sach- und Rechtsfragen, die leicht zu Unstimmigkeiten oder Streit führen können, wie z.B. indexierte Preisgestaltung, Lieferpflichten, Schnittstellen, Leistungsstörungen, Eigentumssicherung und Vertragslaufzeit.

Weiß der Kunde, was er unterschreibt, dann hat Contracting einen hohen Nutzwert  - als klimaschonende und ressourcenschonende Energieversorgung durch innovative Technik  und spezialisierten Dienstleister.

Fazit und Zusammenfassung

Kurz zusammengefasst heißt Contracting: der Kunde bekommt eine Heizungsanlage inklusive Planung, Finanzierung, Betreuung und Wartung und verpflichtet sich im Gegenzug über einen längeren Zeitraum, Wärme dieser Heizungsanlage zu kaufen. Diese Modelle eignen sich dabei besonders für:

  • ältere Mietwohnanlagen oder Wohnungseigentumsanlagen
  • größere Neubauprojekte
  • Gewerbeobjekte mit Wärme/ Kälte und Strombedarf
Frau Majchrzak-Rummel ist Rechtsanwältin für Zivilrecht mit über 20 Jahren Erfahrung in Immobilien- und Vertragsrecht. Als Expertin für neue Geschäftsmodelle von Energieversorgern beschäftigt sie sich bereits lange intensiv mit dem Thema Contracting. Aus Ihrer Erfahrung basiert ein wirtschaftlich günstiges Contracting immer auf einer umfassenden Beratung, der fachlichen Kompetenz des Contractors und vor allem auch transparenten Vertragsunterlagen.   

Wir bedanken uns recht herzlich für die interessanten Informationen zum Thema Contracting und wünschen Frau Angelika Majchrzak-Rummel viel Erfolg für die Zukunft! 

Contracting als Möglichkeit der Heizungssanierung

Angelika Majchrzak-Rummel

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