Was würden Sie sagen, wenn es eine Möglichkeit der Wärmedämmung gibt, die weniger als eine übliche Dämmung kostet, ohne Gerüst und neuen Außenputz montiert werden kann und das auch noch im Selbstbau ohne optische Veränderung der Hausfassade? Sie würden vielleicht ausrufen: Sofort her damit! Warum hat uns das noch keiner gesagt? Sie haben richtig geraten: Die Rede ist von der Innendämmung.

So deutlich die Vorteile der Innendämmung sind, so ausgeprägt sind auch die Vorurteile gegenüber der Innendämmung. Das hat seine Gründe und auch seine Geschichte. Innendämmung gab es schon im 19. Jahrhundert. Zwischen 1920 und 1975 war Innendämmung die gebräuchliche und übliche Art der Wärmedämmung. Mit der Energiekrise trat sie jedoch mit dem Siegeszug der Außendämmung in den Hintergrund.

Innendämmungen werden verputzt ausgeführt oder erhalten eine luftdichte Deckschicht durch verspachtelte Leichtbauplatten. Wichtig ist, damals wie heute, den konvektiven Feuchtetransport hinter den Platten zu vermeiden. Schäden bei sachgerechter Ausführung sind in der Literatur nicht dokumentiert. Auch in Frankreich war und ist die Innendämmung mit luftdichtem Abschluss gängige Praxis.

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Feuchteschäden empirisch unbewiesen

Die Innendämmung geriet in Verruf wegen angeblicher Feuchteschäden, weil die feuchte und warme Innenraumluft hinter der Innendämmung kondensiere und zu Schimmel sowie weiteren Schäden führe. Einen empirischen Beweis für solche Feuchteschäden hat es nie gegeben. „Vielmehr wurden die geschichtlich positiven Erfahrungen der Innendämmung in der Fachwelt nie zur Kenntnis genommen“, schreibt Werner Eicke-Hennig von der Hessischen Energiesparaktion. Er zitiert zahlreiche empirische Untersuchungen, die mitnichten feuchte Wände hinter der Innendämmung vorgefunden hatten.

Das Forschungsinstitut für Wärmeschutz, München untersuchte 1984 ausgeführte Innendämmungen und stellte fest: „Bauausführungen mit Innendämmungen, die die Kriterien der DIN 4108 Teil 3 nicht erfüllen, haben sich jedoch nach bekannt gewordenen Erfahrungen ohne jegliche Schäden bewährt.“ Die Prüfung von neun Gebäuden mit neun bis dreizehn Jahre alten drei cm dicken Innendämmungen, mit und ohne Dampfsperren, zeigten keinerlei Feuchteschäden. „Der massebezogene Feuchtegehalt der Mineralfaserdämmstoffe lag mit 0,4 - 0,9 Prozent unter dem praktischen Feuchtegehalt von 1,5 Prozent.“ Alle Dämmstoffe wurden somit trocken angetroffen.

Etwas Physik dazu: Durch eine Innendämmung wird die ganze Außenwand kälter. Das beheizte Haus endet hinter der Dämmung. Die Temperatur in der Ebene zwischen Innendämmung und Außenwand unterschreitet zeitweilig sogar den Taupunkt. Wenn warme und feuchte  Luft aus dem Wohnraum hinter die Dämmung gelangt, dann kondensiert der in der Luft enthaltene Wasserdampf dort und schlägt sich als Feuchtigkeit nieder.

Die Betonwand (grau) ist 16 Zentimeter dick, und die Innendämmung (gelb) wurde mit einer acht Zentimeter dicken Calciumsilikatplatte gemacht. Die Mauer bleibt hier sehr kalt, aber die gedämmte Oberfläche ist trotzdem relativ warm. Der resultierende U-Wert ist 0,63 W/m2K: viel schlechter als mit einer viel dickeren Außendämmung, aber immerhin erheblich besser als die ungedämmte Wand (0,92 W/m2K). Quelle: www.energie-lexikon.info

Mangelhafte Rechenverfahren

Die in den fünfziger Jahren durchgeführten Rechnungen zur Wasserdampfdiffusion führten zu Ergebnissen, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun haben. Das sogenannte Glaserverfahren fand 1981 sogar Eingang in die einschlägige Norm DIN 4108-3. Dieses Verfahren errechnet unrealistisch hohe Tauwassermengen, weil die damals noch einfachen Rechner und Programme zu groben Vereinfachungen zwangen, zum Beispiel konstante Wintertemperaturen von minus zehn Grad über zwei Monate bei keinem Feuchtetransport in der Wand aufgrund stationärer Betrachtungen. Die Innendämmung wurde folglich als unzulässig abgelehnt. „Man verwies auf Probleme durch mögliche Fehlstellen in der Dampfsperre, ohne zu beachten, dass durch kleine Löcher kaum Wasserdampf diffundiert. Selbst dampfdichte Bleche mit 200 Löchern pro Quadratmeter haben noch einen Wert über 300. Es gibt auch keine Luftströmung durch Fehlstellen, wenn die Dämmung direkt auf der Wand sitzt. Der kleine Markt für die  Innendämmung brach in Folge dieser Verwirrungen in den achtziger Jahren zusammen“ so der Bauphysiker Eicke-Hennig. Die großen Hersteller zogen ihre Innendämmsysteme sogar vom Markt.

Umdenken der Branche

Ein Umdenken der Branche begann im Jahr 2011 nach dem ersten internationalen Innendämmkongress in Dresden. Neue Rechenverfahren (WUFI/Delphin) und Materialien waren verfügbar. Seither gibt es eine Renaissance der Innendämmung. Die neue und positive Bewertung der Innendämmung hat sich aber noch nicht überall herumgesprochen. Das baumystisch begründete Unbehagen sitzt tief, weil es über Jahrzehnte zum Standardwissen aller Experten gehörte.

Es gibt drei unterschiedliche Systeme der Innenraumdämmung, die unterschiedlich mit der unerwünschten Feuchtigkeit umgehen:

  • kapillaraktiv und diffusionsoffen (Kondensat tolerierend), z.B. Mineraldämmplatten

  • dampfbremsend (Kondensat begrenzend), z.B. Systeme mit einer Dampfbremsfolie

  • dampfdicht (Kondensat verhindernd), z.B. Schaumglasdämmung

Bei allen Systemen versucht man auf jeden Fall, Hohlräume zwischen Innendämmung und Außenwand zu vermeiden: Zum Beispiel durch sorgfältige vollflächige Verklebung der Dämmplatten auf der Außenwand, man spricht von „schwimmender“ Verlegungstechnik. Dabei ist es wichtig, dass genügend Kleber flächig aufgetragen wird und die Platten passgenau zugeschnitten werden. 

Werden die Dämmplatten nicht genau zugeschnitten, bilden sich in Außenecken Hohlräume, die unbedingt zu vermeiden sind. ...

Problempunkt Wärmebrücken

Wo warme Innenwände und Decken an die kalte Außenwand stoßen, kühlen die Innenwände und Decken unvermeidlich aus. Wenn die Zimmerdecken oder Wände im Bereich der Außenwand stark auskühlen, dann kondensiert genau an diesen Stellen die Innenraumluft. Zudem wirken diese Kältebrücken im Raum wie Kühlrippen und vermindern die Dämmwirkung der Innendämmung. Deshalb müssen insbesondere Betonwände und Decken zusätzlich dort gedämmt werden, wo sie an die Außenwände stoßen. Eine gewisse Dämmung von Innenwänden und Decken stellt bereits die Wärmedämmschicht selbst dar, insbesondere wenn sie typischerweise rund acht Zentimeter dick ist. Eine zusätzliche sogenannte Flankendämmung ist wahlweise kleinförmig 30 bis 40 Zentimeter breit und wird auf den Innenputz aufgeklebt oder der Innenputz wird abgeschlagen und eine dünne Dämmplatte eingebettet. Die Anbieter bieten hierfür Systemlösungen an. ...

Vorteile der Innendämmung

  • Es ist kein Gerüst erforderlich.

  • Die Außenfassade bleibt unverändert, daher besonders für denkmalgeschützte Häuser geeignet.

  • Kann von geschickten Heimwerkern selbst ausgeführt werden.

  • Kann nach und nach Raum für Raum durchgeführt werden.

  • Die reinen Ma terialkosten sind im Allgemeinen geringer als bei der Außendämmung.

  • Bei Eigentümergemeinschaften auch ohne Zustimmung der anderen Eigentümer durchführbar.

  • Mit vorhergehender oder nachfolgender Außendämmung kombinierbar.

  • Höhere Behaglichkeit durch höhere Oberflächentemperaturen der gedämmten Außenwände.

  • Keine bauaufsichtliche Zulassung notwendig.

  • Das Haus muss von außen nicht zugänglich sein.

  • Hohe Heizkosteneinsparung.

  • Es handelt sich um eine Modernisierungsmaßnahme zur Energieeinsparung und die Kosten können deshalb auf die Mieter mit 11 Prozent jährlich umgelegt werden.

Geschrieben von Dr. Aribert Peters, Vorsitzender des Bundes der Energieverbraucher. Der Bund der Energieverbraucher ist ein gemeinnütziger Verein, in dem sich bundesweit rund 12.000 Privatverbraucher und Firmen zur gegenseitigen Unterstützung zusammengeschlossen haben.

Er informiert, unterstützt und schützt seine Mitglieder. Der Verein wurde 1987 gegründet und finanziert sich ausschließlich durch Mitgliedsbeiträge.

Wir bedanken uns für fachlichen Input bei: Werner Eicke-Hennig, Hessische Energiesparaktion und Heiko Riggert, Leiter des AK-Innendämmung im Fachverband Wärmedämm-Verbundsysteme. Die inhaltliche Verantwortung liegt beim Autor.

Erschienen auf energieverbraucher.de – der Website des Bundes der Energieverbraucher.

 Der Original-Beitrag "Innendämmung: die bessere Art zu dämmen?!“ ist hier zu lesen.

Vorschaubild: Möglichkeit einer Innendämmung mit Steinwolle und Leichtgbauplatte. Foto: RaBoe / Wikimedia / Lizenz unter CC-BY-SA-3.0

 

Innendämmung – Mehr Vor- als Nachteile

Frank Urbansky

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