Kurzvorstellung Udo Münch und proMietrecht.de

eccuro: Hallo Herr Münch, bitte stellen Sie sich und das Portal proMietrecht.de doch kurz vor!

Udo Münch: Mit proMietrecht haben wir ein Portal gegründet, das auf einfache Weise Antworten auf mietrechtliche Fragen gibt, und zwar immer aus der Sicht eines Wohnungsmieters. Die Idee zum Portal entstand, als ich vor ein paar Jahren ein mietrechtliches Problem hatte, mich Online auf die Suche begab. Meine Erwartung: Ich werde die richtige Information finden. Ich stellte aber fest, dass dies zu meiner Frage aussichtslos war. Dann war ich neugierig, suchte einfach mal Antworten zu verschiedenen mietrechtlichen Fragestellungen, hatte kaum bessere Ergebnisse. Über diese Erfahrung berichtete ich meinem Freund, Dr. Rainer Tietzsch, der schon seit mehr als 30 Jahren auf Seiten der Mieter engagiert ist. Damals sagte ich ihm, es wäre gut, wenn es ein solches Portal geben würde: Eindeutig auf Seite der Mieter, klar strukturiert, Alltagsprobleme aufgreifen, Hintergrundinformationen bieten. Und fragte ihn, ob er dazu Lust hätte? Nach ein paar Monaten sein Anruf: „Es stimmt, so ein Portal gibt es wirklich nicht. Lass uns das machen.“ Die Planung und Umsetzung dauerte 3 Jahre. Dann waren wir mit unserem Ergebnis zufrieden und sind online gegangen. Dieses Ergebnis wurde im Team erarbeitet – deshalb ist es nicht so wichtig, dass ich mich weiter vorstelle. Nur so viel: Ich war einige Jahre ehrenamtlich in einem Sanierungsgebiet Mieterberater.

Herausforderung energetische Modernisierung

eccuro: Mit Ihrer Plattform proMietrecht.de setzen Sie sich aktiv für das Recht von Mietern ein. Können Sie uns dabei einen Überblick über die Ängste und Probleme der Mieter im Kontext der Energiewende geben?

Udo Münch: Mieter sind durch die beschlossene Energiewende, die grundsätzlich richtig ist, zu sehr belastet. Seit Jahren ist die Steigerung bei Betriebskosten, oft zusätzlich auch bei den Mieten, zu verkraften. Und dann sollen auch noch Mieterhöhungen durch eine energetische Sanierung hinzukommen. Dies hinnehmen zu müssen ist unverständlich und belastend, weil in den meisten Fällen die Kostenersparnis bei den Heizkosten weit hinter der hinzunehmenden Mietsteigerung zurück bleibt. Schnell werden finanzielle Belastungsgrenzen für Mieter erreicht. Mieter, die sich die höhere Miete nicht leisten können, müssen umziehen, werden verdrängt.

Leider sind die Mietsteigerungen durch eine energetische Sanierung nicht begrenzt – ich meine, ein schwerer Fehler des Gesetzgebers. Warmmietenneutrale energetische Sanierungen sind die absolute Ausnahme, lassen sich, wenn überhaupt, nur bei Gebäuden erzielen, die in einem sehr schlechten baulichen Zustand sind.

Erfahrungen zeigen, dass in vielen Fällen Mietsteigerungen von 30 Prozent und mehr eher die Regel als die Ausnahme sind. Nicht zu vergessen sind auch die Ärgernisse während der Bauzeit: Lärm und Schmutz sind nicht die Lebensbedingungen, die man sich als Mieter wünscht, aber man muss sie ersatzlos hinnehmen - in den ersten 3 Monaten der Bautätigkeit ist keine Mietminderung möglich.

Weiterhin gibt es nach Dämmmaßnahmen häufig Probleme mit Schimmelbildung in den Wohnungen – aus Befürchtungen wird Realität. Dann wäre auch noch das optische Erscheinungsbild eines gedämmten Hauses zu erwähnen – oft sind Bauten zu sehen, wo sich die d durch die dicken Dämmplatten in tiefen Nischen befinden. Die Folge: Weniger Lichteinfall in Wohnungen. Und für mich auch ärgerlich: Stuckaltbauten haben wegen der Dämmung keinen Stuck mehr. Ich empfinde das als Verschandelung des Stadtbildes.

Handlungsmöglichkeiten für Mieter

eccuro: Welche Möglichkeiten haben Mieter heute gegen die genannten Probleme bei der energetischen Modernisierung vorzugehen?

Udo Münch: Das Gesetz verpflichtet den Mieter grundsätzlich eine energetische Sanierung zu dulden. Bei der Umsetzung sollen unzumutbare Härten vermieden werden. Nach dem Gesetz unzumutbar wäre zum Beispiel, wenn im Winter eine neue Heizung eingebaut werden soll. Das führt aber nur zu einer zeitlichen Verschiebung.

Eine unzumutbar hohe künftige Miete kann auch eine wesentliche Härte sein. Betroffene können sich gegen die zu erwartende Mieterhöhung wehren, müssen die  energetische Sanierung aber dulden. Nach Abschluss der Modernisierung kann der Mieter die Überprüfung seines finanziellen Härtefalls einleiten, dies aber nur, wenn er bereits im Rahmen der Ankündigung der Maßnahme den Vermieter form- und fristgerecht auf diesen Härtefallgrund hingewiesen hat. Ein Stolperstein für die Berücksichtigung dieses Härtefalls: Wenn die Wohnung nach einer energetischen Sanierung nur dem allgemein gängigen Standard angepasst wurde, dann ist dieser Härtefallgrund ausgeschlossen.

Kommt es wegen nicht mehr bezahlbaren Mieten zum Streit mit dem Vermieter, dann müssen Mieter ihre finanziellen Verhältnisse vor Gericht offen legen. Viele Mieter scheuen Ärger, suchen sich lieber schon gleich nach der Modernisierungsankündigung eine neue Wohnung. Dies ist aber in Ballungsgebieten, mangels bezahlbarer Wohnungen, sehr schwierig geworden.

Wenn eine energetische Modernisierung angekündigt wurde, so empfehlen wir Betroffenen sich ganz schnell beraten zu lassen, und das Vorhaben des Vermieters von Anfang an zu überprüfen. Besonders darauf, ob der Vermieter ersparte Aufwendungen im Rahmen der Mieterhöhung und den Abzug von Drittmitteln berücksichtigt. Zu empfehlen ist, dem Vermieter vor Beginn der Maßnahme eine Mängelliste zukommen zu lassen, und Beweise für vorhandene Mängel zu sichern. Wie im Einzelnen vorgegangen werden sollte, das sollte der Mieter mit seinem Anwalt oder einer  Mieterberatung unbedingt absprechen und danach handeln.

Energiewende erfordert bessere Information

eccuro: Die Energiewende ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und es gibt bereits Richtlinien, nach denen Gebäude ab dem Jahr 2020 nur noch als Niedrigenergie-Gebäude gebaut werden dürfen. Sehen Sie Wege, mit denen die Interessen von Wohnungswirtschaft und Mietern dabei besser überein gebracht werden könnten, wie zum Beispiel eine transparentere Information bei Sanierungen? 

Udo Münch: Da stellt sich doch gleich die Frage: Wer kann die Mieten in solchen Neubauten noch bezahlen? Durchschnittsverdiener können sich bereits heute kaum noch die Miete in Neubauwohnungen leisten. Ich glaube, die Folgen der Energiewende sind ohne die Einführung eines neuen sozialen Wohnbauprogramms nicht zu beherrschen. Was die energetische Modernisierung heute betrifft: Der Gesetzgeber muss dafür sorgen, dass Mietsteigerungen durch eine energetische Modernisierung auf ein erträgliches Maß begrenzt werden.

Es kann nicht sein, dass Eigentümer Mietsteigerungen durchsetzen können, die in Bezug auf monatliche Energiekosteneinsparungen des Mieters in einem überaus deutlichen Missverhältnis stehen, das Gebot der Wirtschaftlichkeit nicht einzuhalten ist. Eigentümer können gemäß § 25 EnEv, wegen Unwirtschaftlichkeit eine energetische Sanierung ablehnen. Das muss für Mieter gleichermaßen gelten, wenn die Mietsteigerung in einem hohen Missverhältnis zu einer künftigen Energiekosteneinsparung steht. Immer mehr Mieter wehren sich, lassen sich diese Auswirkungen nicht mehr bieten.

Spekulativ orientierte Eigentümer nutzen die 11-prozentige Umlage der Kosten zu Lasten der Mieter, sind an einem Auszug der bisherigen Mieterschaft interessiert, lassen keine Zweifel an einer Maximierung der künftigen Miete. Hier geht es dann nicht um die Energiewende, sondern um die Gewinnmaximierung. Interessenausgleich gleich Null. Diesem Treiben muss Einhalt geboten werden! Ein Mittel: Die Umlage müsste an die Situation am Kapitalmarkt angepasst, deutlich gesenkt werden, auf 5 oder 6 Prozent, in Anbetracht der sehr niedrigen Finanzierungskosten für Darlehen.

Untersuchungen zeigen, dass die von der Dämmindustrie über die Polystyrolplatten versprochene Energieeinsparung von 30% tatsächlich nicht zu erzielen ist. Die Regel sollen eher 15 Prozent sein. Wenn das stimmt, dann halte ich es für sinnvoller, in modernste Heizungsanlagen zu investieren. Untersuchungen zeigen, dass durch den Austausch alter Heizungsanlagen mit modernster Heiztechnologie eine Energieeinsparung um die 20 Prozent möglich ist. Nicht zu vergessen die kostengünstige Dämmung der Kellerdecke und der obersten Geschossdecke eines Hauses als sinnvolle Maßnahme.

Was ich mir wünsche ist, dass es mehr Fördermittel für Unternehmen gibt, die nach umweltfreundlichen Alternativen für Wärmedämmmaßnahmen forschen. Die überwiegend praktizierte Dämmung mit Polysterol ist nicht umweltfreundlich, Entsorgungsprobleme in der Zukunft werden nicht beachtet.

Mein Appell an die Wohnungswirtschaft: Mieter einbinden, umfassend informieren, mit den betroffenen Mietern eine Modernisierungsvereinbarung zu den anstehenden energetischen Modernisierungsmaßnahmen schließen, sich der sozialen Verantwortung stellen.

Im Rahmen einer energetischen Modernisierung ist es möglich, mit den Mietern individuell neue Mieten zu vereinbaren, die natürlich geringer sein sollten, als eine Mietsteigerung nach einer 11-prozentigen Umlage der Kosten. Verantwortungsvoll handelnde Vermieter setzen dies im Sinne eines notwendigen Interessenausgleichs um, wie Beispiele zeigen.

 

Wir bedanken uns recht herzlich bei Udo Münch und www.promietrecht.de für die Ausführlichen Einblicke in das Theme Mietrecht und Sanierung. 

 

Energetische Modernisierung im Mietshaus

Udo Münch

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